Speicheldrüsentumoren

Was ist ein Speicheldrüsentumor (SDT)?

Der Speichel wird von verschiedenen Speicheldrüsen gebildet, die vor dem Ohr (Ohrspeicheldrüse = Parotis), am Unterkiefer, unter der Zunge und am Gaumen liegen. Dabei ist die Ohrspeicheldrüse das größte Organ und in ihr treten Tumoren am Häufigsten auf.

Bei den Speicheldrüsentumoren unterscheidet man unterschiedliche Formen. Die gutartigen Tumoren werden als Adenome bezeichnet, die bösartigen als Karzinome. Adenome zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht über die Organgrenze der Drüse hinaus wachsen und nicht metastasieren. Hingegen können die bösartigen Karzinome durch die Kapsel hindurch in benachbarte Organe hineinwachsen und in seltenen Fällen Metastasen ausbilden.

Bei Kindern werden in den Speicheldrüsen auch andere Tumoren beobachtet. Dazu gehören Gefäß- und Lymphgefäßtumoren (z.B. Hämangiome, Lymphangiome) aber auch bösartige Tumoren (z.B. Lymphome, Sarkome).


Wer kann an einem Speicheldrüsentumor erkranken, und wie entstehen die Tumoren?

Speicheldrüsentumoren können in jedem Alter auftreten, sind aber bei Erwachsenen viel häufiger als bei Kindern oder Jugendlichen. Der Entstehungsmechanismus ist nicht bekannt.


Besteht ein Risiko, dass die Geschwister oder andere Familienangehörige auch an einem Speicheldrüsentumor oder anderen Tumoren erkranken?

Das Auftreten von Speicheldrüsentumoren ist bislang nicht mit vererbten syndromalen Erkrankungen oder anderen vererbten Risikofaktoren verknüpft. Daher gibt es nach aktuellem Wissensstand für Familienangehörige kein erhöhtes Risiko.


Sind alle Speicheldrüsenkarzinome gleich?

Es gibt unterschiedliche Unterformen von Speicheldrüsenkarzinomen. Am Häufigsten findet man bei Kindern und Jugendlichen Mukoepidermoid-Karzinome und Azinuszell-Karzinome. Diese Tumoren sind in der Regel wenig aggressiv („niedrig maligne“). Das bedeutet, dass sie selten über die Speicheldrüse hinaus wachsen und selten Metastasen ausbilden, dann meist in die benachbarten Lymphknoten. Es gibt aber auch aggressivere Varianten, die intensiver behandelt werden müssen. Daher ist eine feingewebliche Untersuchung der Speicheldrüsentumoren notwendig.


Was sind die charakteristischen Beschwerden und Symptome?

In der Regel bemerkt man einen SDT als schmerzlose tastbare, manchmal auch sichtbare Schwellung. Diese liegt bei der Ohrspeicheldrüse vor dem Ohr, bei der Unterkieferdrüse am Unterkieferknochen und bei den kleineren Speicheldrüsen in der Mundhöhle. Da der Gesichtsnerv durch die Ohrspeicheldrüse läuft, kann es zu einer Lähmung des Nervs kommen. Diese fällt dann durch ein asymmetrisches Lachen oder einen unvollständigen Schluss des Augenlides auf. Wenn die Tumoren am Gaumen oder am Unterkiefer lokalisiert sind, berichten die Kinder über Schwierigkeiten beim Schlucken.


Welche Untersuchungen sind notwendig?

Das Kind sollte von einem Kinderonkologen und einem HNO Arzt klinisch untersucht werden. Als technische Untersuchung wird zunächst eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, die unbedingt vor der Operation durch eine Kernspintomographie (MRT-Untersuchung) ergänzt werden muss. Weitere Untersuchungen wie z.B. eine Röntgenaufnahme der Lungen können sich evtl. anschließen, nachdem der Tumor vom Pathologen klassifiziert worden ist.


Gibt es verschiedene Krankheitsstadien?

Ja, in der Regel sind die Tumoren auf die Speicheldrüsen beschränkt. Wenn sie über die Organkapsel hinaus in Nachbarorgane hineinwachsen, spricht man von einem lokal fortgeschrittenen Stadium. Darüber hinaus werden bei bis zu 10% der Patienten Metastasen in die Lymphknoten am Hals beobachtet. Metastasen in entfernte Organe wie z.B. die Lungen sind extrem selten.


Wie werden Speicheldrüsentumoren behandelt?

Die komplette operative Entfernung des Tumors ist der entscheidende therapeutische Schritt. Bei allen Adenomen und den meisten Karzinomen ist dann keine weitere Therapie erforderlich.

Bei einigen Tumoren der Ohrspeicheldrüse kann der Tumor in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gesichtsnerv liegen, so dass eine primäre komplette Resektion nicht möglich erscheint. In diesen Fällen wird empfohlen, zunächst nur eine Gewebeprobe oder eine teilweise Resektion des Tumors unter Schonung des Gesichtsnervs durchzuführen. Nach Abschluss der pathologischen Untersuchung des Tumors muss dann eine zweite Operation geplant werden. Diese Operation sollte durch einen Operateur erfolgen, der Erfahrung mit einer nervenschonenden Operation in dieser Region hat.

Wenn ein Karzinom mit einer hohen Malignität diagnostiziert wird, oder wenn in der bildgebenden Diagnostik der Verdacht auf befallene Lymphknoten besteht, ist eine operative Entfernung der regionalen Lymphknoten durchzuführen („Neck dissection“). Bei Lymphknotenmetastasen und in anderen seltenen Situationen sollte eine Strahlentherapie diskutiert werden.


Wie sind die Behandlungsergebnisse?

Die Prognose der Speicheldrüsentumoren ist sehr gut. Allerdings können sowohl Adenome als auch Karzinome wieder auftreten (Rezidiv), in der Regel an der Stelle des ersten Auftretens. Eine unvollständige Entfernung des Tumors ist mit einem erhöhten Rückfallrisiko assoziiert. Darüber hinaus werden auch Rezidive in den regionalen Lymphknoten beschrieben.

In den meisten Fällen ist eine erneute operative Entfernung ausreichend; in besonderen Einzelfällen empfiehlt sich eine zusätzliche Bestrahlung.


Welche Forschungsaktivitäten gibt es bei Speicheldrüsentumoren?

Durch die zentrale Erfassung von klinischen Daten durch die nationalen und internationalen Arbeitsgruppen ist es möglich geworden, therapeutische Empfehlungen in Abhängigkeit vom Rückfallrisiko auszusprechen. Diese Empfehlungen berücksichtigen die Besonderheiten der SDT bei Kindern und Jugendlichen. Durch die bessere Therapiesteuerung soll die sehr gute Prognose bewahrt werden, bei gleichzeitiger Vermeidung einer Überbehandlung mit dem Risiko langfristiger Therapienebenwirkungen.


Hier finden Sie eine frei zugängliche Übersichtsarbeit der EXPeRT-Gruppe zu den Diagnostik- und Therapiempfehlungen bei Speicheldrüsenkarzinomen.